Veranstaltung: | Landesmitgliederversammlung Grüne Bremen |
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Tagesordnungspunkt: | 4.2. Anträge |
Antragsteller*in: | Landesvorstand (dort beschlossen am: 16.02.2024) |
Status: | Geprüft |
Antragshistorie: | Version 8 |
S1: Zukunftsfähigkeit klimaneutral und sozial gerecht sichern
Antragstext
Zukunftsfähigkeit klimaneutral und sozial gerecht sichern
für nachhaltige Staatsfinanzen Steuern, Subventionen und Schuldenbremse
reformieren!
Wir Bremer Grüne haben in Regierungsverantwortung in den vergangenen 17 Jahren
das Finanzressort im Land Bremen erfolgreich geführt, selbst für die
Schuldenbremse gekämpft und Unterstützung vom Bund eingeworben, um das Land auf
Konsolidierungskurs zu bringen. Mit Erfolg: 2020 musste Bremen keine neuen
Kredite aufnehmen.
Dennoch hat Bremen weiterhin die höchste Pro-Kopf Verschuldung unter den Ländern
und gibt trotz sehr niedrigem Zinsniveau fast 10 Prozent seiner Haushaltsmittel
für Zinsausgaben aus, ohne eine einzige Investition getätigt zu haben.
Aktuell müssen wir feststellen, dass sich die gesamtgesellschaftlichen
Rahmenbedingungen und Herausforderungen in Deutschland stark verändert haben.
Die im Jahr 2009 von Bundestag und Bundesrat beschlossene Schuldenbremse war
eine Reaktion auf die strukturellen Herausforderungen der Zeit, allen voran die
Auswirkungen der damaligen Finanzkrise und die Destabilisierung der Eurozone.
Insbesondere durch die multiplen Krisen der vergangenen Jahre, wie der Corona
Pandemie, dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine, der
Investitionsherausforderung Klimakrise mit ihren Konsequenzen und durch
vernachlässigte, notwendige Investitionen der unionsgeführten Bundesregierungen
bis 2021, sehen wir uns einer Situation gegenüber, die ohne eine Anpassung der
Regeln zur Steigerung der Einnahmen, den Abbau klimaschädlicher Subventionen auf
der Ausgabenseite und eine Reform der Schuldenbremse nicht mehr zu bewältigen
ist.
Daher brauchen wir jetzt für die Herausforderungen unserer Zeit eine wirksame
Reaktion!
Als Bremer Grüne sind wir entschieden, uns für eine nachhaltige Fiskalpolitik im
Land und Bund einzusetzen.
Deshalb fordern wir zur Ermöglichung der jetzt notwendigen Transformation hin zu
einem wirksamen und sozial gerechten Klimaschutz
- eine sozial gerechte Steigerung der Einnahmen, den ökologisch notwendigen
Abbau von klimaschädlichen Subventionen und
- eine Reform der Schuldenbremse sowie die Nutzung von bestehenden
Spielräumen der aktuellen Regel.
Wir erkennen dabei an, dass fehlende Finanzmittel zur Finanzierung der
Transformation nicht unser einziges Problem sind. Verwaltungsverfahren dauern
teilweise noch immer viel zu lange. Zusätzlich trägt der weiterhin bestehende
Fachkräftemangel zu erheblichen Verzögerungen bei der Umsetzung wichtiger
Transformationsprojekte bei.
Aber zur Wahrheit gehört auch, dass durch das Urteil des
Bundesverfassungsgerichts vom 15.11.2023 die finanzverfassungsrechtlichen
Vorgaben der Schuldenbremse präzisiert und konkretisiert wurden. Damit
einhergehend haben sich, bei gleichbleibenden Handlungsbedarfen, die
finanziellen Handlungsspielräume von Bund und Ländern verringert.
Für Bremen bedeutet das konkret, dass wir die im Rahmen der Bremer Klima Enquete
Kommission erarbeitete und vom Senat beschlossene Klimaschutzstrategie nicht wie
geplant finanzieren können: Die hierfür in den sogenannten Fastlanes
hinterlegten 2,5 Milliarden Euro als kreditfinanzierte Investitionsmittel sind
als Konsequenz des Verfassungsgerichtsurteils nicht mehr darstellbar.
Dennoch bleibt die dringende Notwendigkeit für Investitionen in
Klimaschutzmaßnahmen für Bremen davon unbenommen natürlich bestehen.
Zwar kann Bremen kurzfristig gegebene Spielräume prüfen und nutzen. Dazu gehört
für die Haushaltsaufstellung 2024 in Bremen im Einklang mit den Leitsätzen des
Verfassungsgerichtsurteils die Prüfung einer erneuten Notlageerklärung
angesichts der massiven Herausforderungen durch das Fortbestehen der multiplen
Krisen bzw. ihrer Folgen.
Auch die Gründung von Gesellschaften kann eine Möglichkeit sein,
verfassungskonform Investitionen tätigen zu können. Dies gilt auch für dringend
erforderliche Investitionen in den Bildungsbereich.
Dennoch ist auch bei Ausnutzung der aktuell gegebenen Spielräume die
Finanzierung der Klimaschutzstrategie auf dem Weg zur beschlossenen
Klimaneutralität im Jahr 2038 stark gefährdet.
Daher erfordert der klimaneutrale Umbau unserer Wirtschaft und Infrastruktur,
gesamtstaatlich betrachtet, als Konsequenz eine Verschiebung der Prioritäten bei
der Ausgabe vorhandener Haushaltsmittel, eine sozial gerechte Verbesserung der
Einnahmen sowie als sichere Rechtsgrundlage eine Reform der Schuldenbremse, um
kreditfinanzierte Ausgaben in einem erhöhten Ausmaß für Bund und Länder zu
ermöglichen.
Konkret fordern wir:
1. NACHHALTIGE UND SOZIAL GERECHTE FINANZEN!
Sehr Vermögende mehr in die Verantwortung nehmen
Die Armen in Deutschland werden ärmer und die Reichen reicher. Zu einer sozial
gerechten Steuerpolitik gehört eine deutlich stärkere Beteiligung der sehr
Vermögenden an der Finanzierung des Gemeinwesens.
- Wir werden uns im Bundesrat deshalb dafür einsetzen, Steuerhinterziehung
stärker zu bekämpfen, Steuerschlupflöcher konsequenter zu schließen und
- sehr hohe Vermögen, Finanzgewinne und große Erbschaften angemessen zu
besteuern.
Finanzgewinne werden in Deutschland immer noch geringer besteuert als Arbeit.
Wir fordern daher, dass die Deckelung von 25 Prozent bei der
Kapitalertragssteuer abgeschafft wird und an den Einkommenssteuersatz angepasst
wird.
- Einkommen aus Kapitalerträgen darf nicht geringer besteuert werden als
Einkommen aus Arbeit.
Klimaschädliche Subventionen weiter abbauen
Wir fordern den weiteren Abbau klimaschädlicher Subventionen. Dazu gehören
- die Abschaffung des Steuervorteils für Dieselfahrzeuge
- die Abschaffung der bestehenden Steuervorteile für Dienstwagen.
Bei einigen Subventionen kann eine schrittweise Reduktion über mehrere
Haushaltsjahre eine geeignete Strategie sein, um bei Unternehmen und
Verbraucher*innen eine breite Akzeptanz für den Abbau zu sichern.
2. REGELVERSCHULDUNGSSPIELRAUM DER BUNDES-SCHULDENBREMSE ERHÖHEN.
In ihrer jetzigen Form deckelt die Schuldenbremse die jährliche Aufnahme von
Schulden für den Bund bei 0,35 Prozent des Bruttoinlandproduktes (ca. 15 Mrd.
Euro im Jahr). Die Länder haben bisher keine entsprechende Möglichkeit der
Verschuldung.
Wir wollen die Schuldenbremse im Grundgesetz für Bund und Länder zeitgemäß
gestalten, sodass die Tragfähigkeit der zukünftigen Zinslast gewährleistet ist
und zugleich die so dringend nötigen Investitionen ermöglicht werden. Daher
fordern wir eine Investitionsregel für zusätzliche, über bloße Erhaltung
hinausgehende Investitionen – vor allem in den Klimaschutz. Kurzfristig könnte
ein Sondervermögen des Bundes für die Transformation zur Klimaneutralität
dringend benötigte Spielräume schaffen. Es wäre wie das Sondervermögen für die
Bundeswehr neben der Schuldenbremse im Grundgesetz verankert und würde auch
Investitionen in den Ländern unterstützen.
Begründung
Der Weltklimarat hat es aktuell erneut bestätigt: Wir sägen an dem Ast, auf dem wir sitzen. Daher dürfen wir im Nachgang der Herausforderungen, die sich aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 15.11.2023 ergeben haben, unsere Verantwortung für die Bekämpfung des Klimawandels nicht außer Acht lassen. Denn es gibt noch eine weitere Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes, den Beschluss vom 24.03.2021. Das Gericht stellte damals fest, dass die verfassungsrechtlich notwendige Reduktion von Treibhausgasen nicht länger in die Zukunft und damit einseitig zu Lasten junger Generationen hinausgezögert werden darf und fordert damit den Gesetzgeber zur Einhaltung der Klimaschutzziele auf.
Wir brauchen nachhaltige Investitionen, die eine klimaneutrale Industrie, Wirtschaft und Infrastruktur ermöglichen. Diesen Aspekt müssen wir in der Abwägung zwischen nachhaltigen Staatsfinanzen und Investitionen berücksichtigen.
Unterlassen wir jetzt die für die Transformation erforderlichen Investitionen, werden wir unserer staatspolitischen Verantwortung nicht gerecht, schwächen den sozialen Zusammenhalt in unserem Land und gefährden unsere Demokratie.
Und nachhaltiger Klimaschutz braucht eine stabile Demokratie, einen starken gesellschaftlichen Zusammenhalt und soziale Gerechtigkeit!