Veranstaltung: | Wahlversammlung und Landesmitgliederversammlung Grüne Bremen |
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Tagesordnungspunkt: | LMV 4 LMV: Anträge |
Antragsteller*in: | Kirsten Kappert-Gonther |
Status: | Geprüft |
Eingereicht: | 28.10.2024, 15:33 |
A7: Frauen vertrauen! Selbstbestimmter Schwangerschaftsabbruch raus aus dem Strafgesetzbuch.
Antragstext
Für uns Bremer Grüne ist klar: der selbstbestimmte Schwangerschaftsabbruch muss
raus aus dem Strafgesetzbuch. Denn der § 218 ist ein schlechtes Gesetz. Es steht
selbstbestimmten Entscheidungen Schwangerer und einer guten
Gesundheitsversorgung im Weg. Darum braucht es gesetzliche Regelungen, die
Verfassungsrecht, Menschenrechte und Gesundheitsversorgung zusammendenken.
Eine ungewollte Schwangerschaft ist für die Betroffene eine schwierige
Situation. Frauen in einer solchen Lage zu kriminalisieren und zu
stigmatisieren, erschwert ihre Situation nur. Stattdessen: Frauen vertrauen!
Jede Schwangere soll sicher sein können, dass sie die bestmögliche Unterstützung
erhält, ob sie sich für das Austragen einer Schwangerschaft entscheidet oder
dagegen.
Jede dritte Frau wird mindestens einmal in ihrem Leben ungewollt schwanger.
Damit Frauen selbstbestimmt über ihren Körper und ihr Leben bestimmen können,
brauchen wir ein liberaleres Abtreibungsrecht in Deutschland. Die
Stigmatisierungen von Betroffenen, von Ärztinnen und Ärzten und beratenden
Fachkräften muss beendet werden. Neue gesetzliche Regelungen sind erforderlich –
noch in dieser Wahlperiode.
Schwangerschaftsabbrüche sind in Deutschland verboten und gelten als Straftat.
Nur unter bestimmten Voraussetzungen wird von der Strafbarkeit abgesehen: der
Abbruch muss innerhalb der ersten 12. Wochen stattfinden, die Schwangere muss
sich vorher beraten lassen und eine dreitägige Wartefrist einhalten. Viele
Frauen empfinden diese Regelung als bevormundend und überholt. Bei der
Wiedervereinigung war die restriktive Regelung in der Bundesrepublik für viele
ostdeutsche Frauen ein Rückschritt.
Mit dem Gesetz zur Sicherstellung bedarfsgerechter Angebote zur Vornahme von
Schwangerschaftsabbrüchen hat das Land Bremen die Grundlagen geschaffen, um zu
gewährleisten, dass unterschiedliche Möglichkeiten zum Schwangerschaftsabbruch
ausreichend zur Verfügung stehen. Doch wesentliche Zugangshürden zu einem
medizinisch sicheren Schwangerschaftsabbruch können nur mittels
Bundesgesetzgebung effektiv beseitigt werden, darunter die Übernahme der Kosten,
die Betroffene bisher meist selbst tragen, und die Schließung von
Versorgungslücken in vielen Teilen Deutschlands, aufgrund derer in Bremen auch
Menschen aus anderen Bundesländern Schwangerschaftsabbrüche vornehmen lassen.
Wegen dieser und weiterer Zugangshürden wie der Beratungspflicht und Wartezeit
sowie aufgrund der Kriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs wird
Deutschland seit Jahren von internationalen Menschenrechtsgremien kritisiert.
Zugang zu einem medizinisch sicheren Schwangerschaftsabbruch ist Teil
notwendiger Gesundheitsversorgung. Die Kostenübernahme durch die gesetzliche
Krankenversicherung für alle Betroffenen wird durch eine außerstrafrechtliche
Regelung ermöglicht. Mehr Gynäkolog*innen wären bereit, Schwangerschaftsabbrüche
in ihr Leistungsspektrum aufzunehmen. Das staatlich finanzierte professionelle
Beratungsangebot stünde allen Schwangeren zur Verfügung, ohne Zwang.
Gemeinsam mit SPD und FDP haben wir auf Bundesebene die Einberufung einer
unabhängigen Kommission beschlossen, um die noch offenen und drängenden Fragen
zur Reproduktiven Selbstbestimmung zu klären. Die interdisziplinär besetzte
Kommission von Expertinnen aus den Bereichen Medizin, Psychologie, Soziologie,
Gesundheitswissenschaften, Ethik und Rechtswissenschaften sollte prüfen, ob und
gegebenenfalls, wie die Regulierung des Schwangerschaftsabbruchs außerhalb des
Strafgesetzbuches getroffen werden kann.
Die Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin hält
in ihrem Abschlussbericht von April 2024 eine Gesetzesreform für unabdinglich
und legt Gestaltungsspielräume dafür dar. Aufbauend auf ihren Empfehlungen haben
26 Verbände und Organisationen einen Gesetzentwurf vorgelegt. Dieser zeigt eine
Möglichkeit auf, wie der Schwangerschaftsabbruch im Einklang mit dem
Grundgesetz, den Menschenrechten der Betroffenen und der internationalen
Gesundheitsevidenz geregelt werden kann. Eine Neuregelung wird von der Mehrheit
der Bevölkerung befürwortet. Ein patriarchaler Anspruch, über die Körper andere
Menschen bestimmen zu können, wie er sich in der geltenden Rechtslage
widerspiegelt, entspricht nicht mehr der internationalen Rechtsauffassung zu
reproduktiven Rechten. In den meisten europäischen Staaten gelten für ungewollt
Schwangere längst liberalere Gesetze als in Deutschland. Fakten, Argumente,
internationale Vorgaben, ein politisches Möglichkeitsfenster – das alles liegt
nun vor.
Wir Grüne treten als feministische Partei seit vielen Jahren dafür ein, den
selbstbestimmten Schwangerschaftsabbruch aus dem Strafgesetzbuch zu streichen.
Nun gibt es auf Bundesebene die historische Chance, diese überfällige Reform
umzusetzen. Diese Chance muss nun genutzt werden! Dabei sind folgende Aspekte
zentral:
- Streichung des selbstbestimmten Schwangerschaftsabbruchs aus dem
Strafgesetzbuch auf Grundlage des Kommissionsberichts
- Keine Kriminalisierung von Ärzt*innen und Schwangeren
- Aus- und Weiterbildungsangebote für Gynäkolog*innen schaffen, z. B. nach
dem Bremer Modell. Das praktische Erlernen von allen Methoden des
Schwangerschaftsabbruchs muss als fester Bestandteil zur fachärztlichen
Weiterbildung zur Frauenheilkunde und Geburtshilfe gehören.
- Kostenübernahme von Schwangerschaftsabbrüchen durch die
Krankenversicherung innerhalb der Regelversorgung
- Zugangshürden wie die Beratungspflicht und Wartefristen abbauen und das
Recht auf Beratung absichern
- Ausbau von Absicherung freiwilliger und mehrsprachiger Beratungsstrukturen
- Mehr Aufklärung und Prävention: Niedrigschwelliger Zugang zu sachlichen
Informationen u. a. zu Methoden und Reduzierung von Stigmatisierung; zudem
muss der Zugang zu kostenlosen Verhütungsmitteln für mehr (Alters-)Gruppen
ermöglicht werden
- Absicherung einer wohnortnahen Versorgung bei freier Methodenwahl für die
Schwangere
Begründung
Dieser Antrag wird gemeinsam mit der LAG Frauenpolitik eingebracht.
Unterstützer*innen
- Josephine Assmus (LAG Frauenpolitik)
- Ulrike Köhler (LAG Frauenpolitik)
- Henrike Müller (LAG Frauenpolitik)
- Sarah Dilbat (LAG Frauenpolitik)
- Irene Meyer-Herbst (LAG Frauenpolitik)
- Elena Schiller (LAG Frauenpolitik)
- Anita Okoro (LAG Frauenpolitik)
- Carola Schirmer (LAG Frauenpolitik)
- Cristina Schwarzwald (LAG Frauenpolitik)
- Irmgard Lindenthal (LAG Frauenpolitik)
- Désirée Schwindenhammer (LAG Frauenpolitik)
- Elisabeth Laß (LAG Frauenpolitik)
- Thea Ohle (LAG Frauenpolitik)
- Michael Deimel (KV Bremen-Nordost)
- Maike-Sophie Mittelstädt (LV Bremen)
- Michael Adebar (KV Bremen-Mitte)
- Pascal Poolke (KV Bremen-Nord)
- Joachim Marx (KV Bremerhaven)
- Finn Brüggemann (KV Lübeck)
- Karolina Kumar (KV Bremen-Nordost)
- Maria-Katharina Gonther (KV Bremen Links der Weser (LdW)
- Marek Helsner (KV Bremen-Nordost)
- Martina Tallgauer-Bolte (KV Bremen Links der Weser (LdW)
- Larissa Gumgowski (KV Bremen-Nordost)
- Franziska Tell (KV Bremen-Nordost)
- Sven Rogge (KV Bremen Links der Weser (LdW)
- Gregor Möllring (KV Bremen-Nordost)
- Lukas Prinz (KV Bremen Links der Weser (LdW)
- Marten Urban (KV Bremen-Nordost)
- Frank Wösten (KV Bremen-Nordost)
- Tim Hansen (KV Bremen-Nord)
- Christian Neuhäuser (KV Bremerhaven)
- Emanuel Herold (KV Bremen Links der Weser (LdW)
- Sebastian Illigens (KV Bremen-Mitte)
- Johannes Osterkamp (KV Bremen Links der Weser (LdW)
- Brunhilde Wilhelm (KV Bremen-Kreisfrei)
- Felix Groell (KV Bremen-Mitte)
- Erhard Tietel (KV Bremen-Mitte)
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